Barrierefreiheit im Web – warum das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) uns alle betrifft

von | 30. Juni 2025

Barrierefreiheit im Internet war lange ein Nischenthema – das ändert sich jetzt. Mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) nimmt die Verpflichtung zur digitalen Barrierefreiheit konkretere Formen an und betrifft bald viele Unternehmen und Dienstleister direkt. Für uns als Webdesigner bedeutet das: Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, barrierefreies Webdesign nicht nur als gesetzliche Pflicht, sondern als Chance zu begreifen.

Was ist das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz?

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz ist am 28. Juni 2025 in Kraft getreten. Es setzt die europäische EU-Richtlinie 2019/882 (European Accessibility Act) in deutsches Recht um. Ziel ist es, Produkte und Dienstleistungen im digitalen Raum barrierefrei zugänglich zu machen – darunter Websites, mobile Apps, Selbstbedienungsterminals und E-Commerce-Angebote.

Besonders relevant: Ab 28. Juni 2025 müssen viele private Wirtschaftsakteure, insbesondere Unternehmen mit digitalen Angeboten, ihre Websites und Apps barrierefrei gestalten, wenn sie Dienstleistungen für Verbraucher anbieten.

Für wen gilt das Gesetz?

Das BFSG gilt u.a. für:

  • Online-Shops
  • Bank- und Versicherungsdienstleistungen
  • Verkehrsdienstleister (z. B. Bahn, ÖPNV)
  • Verlage mit E-Books
  • Webbasierte Kommunikationsdienste (z. B. Chat, E-Mail-Dienste)

Kleine Unternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten und einem Jahresumsatz unter 2 Millionen Euro sind formal von der Verpflichtung ausgenommen – doch auch sie profitieren von barrierefreiem Design (dazu später mehr).


Was bedeutet das für Webdesign?

Barrierefreies Webdesign heißt: Websites sollen so gestaltet sein, dass sie für alle Menschen nutzbar sind – unabhängig von körperlichen oder kognitiven Einschränkungen. Die Umsetzung orientiert sich an internationalen Standards, insbesondere den Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.1, Stufe AA.

Wichtige Aspekte barrierefreier Websites

Hier ein Überblick über zentrale Anforderungen:

  • Kontraste: Text und Hintergrund müssen ausreichend Kontrast haben, damit auch Menschen mit Sehschwäche Inhalte erkennen können.
  • Tastaturbedienbarkeit: Alle Inhalte und Funktionen müssen ohne Maus, also auch per Tastatur, nutzbar sein.
  • Alternativtexte für Bilder: Visuelle Inhalte brauchen beschreibende Texte, damit Screenreader sie erfassen können.
  • Strukturierte Inhalte: Sauber gegliederter HTML-Code mit korrekter Nutzung von Überschriften, Listen, Tabellen usw. erleichtert die Navigation.
  • Verzicht auf Barrieren: Keine automatischen Pop-ups, keine bewegten Elemente ohne Stopp-Möglichkeit, keine rein visuellen Captchas.
  • Formulare: Müssen logisch aufgebaut und für Screenreader nutzbar sein. Fehlermeldungen sollen verständlich kommuniziert werden.
  • Sprachauszeichnung: Die verwendete Sprache sollte im HTML-Dokument korrekt deklariert sein.

Dokumentation und Nachweis

Unternehmen müssen nicht nur barrierefrei umsetzen, sondern auch nachweisen können, wie sie die Anforderungen erfüllen. Hierzu gehören Erklärungen zur Barrierefreiheit, leicht zugänglich auf der Website, sowie ein Feedbackmechanismus für Nutzer:innen.


Warum sich barrierefreies Webdesign für alle lohnt

Barrierefreiheit ist mehr als Gesetzestreue – sie bedeutet mehr Nutzerfreundlichkeit, mehr Reichweite und oft auch mehr Umsatz. Warum?

1. Barrierefreiheit hilft nicht nur “behinderten” Menschen

Der Begriff „barrierefrei“ wird oft mit Menschen mit Behinderung gleichgesetzt – doch barrierefreies Design ist universelles Design:

  • Senior:innen mit abnehmender Seh- oder Hörfähigkeit
  • Menschen mit temporären Einschränkungen, z. B. nach einer Operation
  • Nutzer:innen mit Leseschwierigkeiten oder Konzentrationsproblemen
  • Menschen mit langsamer Internetverbindung oder ohne Mausbedienung

Barrierefreies Webdesign ist damit ein Beitrag zu digitaler Inklusion – und zu einer besseren User Experience für alle.

2. Suchmaschinenoptimierung (SEO)

Viele Maßnahmen für Barrierefreiheit wirken sich positiv auf die Sichtbarkeit bei Google aus: strukturierter Code, Alternativtexte, klare Inhalte – das sind auch Kriterien für gutes Ranking.

3. Zukunftssicherheit und Imagegewinn

Wer jetzt schon barrierefrei plant, ist zukünftig rechtlich auf der sicheren Seite – und zeigt Haltung: soziale Verantwortung, Modernität und digitale Reife.


Fazit: Jetzt handeln lohnt sich

Barrierefreiheit ist kein “Nice to have” mehr – sie ist Pflicht für viele Unternehmen und empfehlenswert für alle. Für dich als Websitebetreiber oder Unternehmer bedeutet das: Investiere jetzt in barrierefreies Webdesign, bevor es Pflicht wird oder Mitbewerber dir einen Schritt voraus sind.

Als Webdesigner unterstütze ich dabei gerne: von der ersten Analyse bis zur technischen Umsetzung.

Autor: Dirk Offenberg

Inhaber von Juhuwelt® e.K. | Grafiker | Bachelor Professional